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[1462-053-R] Rechtsklärung zum Wohnort des Erben von Lehen

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Beitrag von Admin 04.10.20 11:18

Rechtsklärung zum Wohnort des Erben bei Vererbung eines Lehen

Das Reichskammergericht ist mit der Klärung folgender Frage beauftragt worden:

1. Ist ein Erbe aufgefordert in die Provinz des Lehen zu ziehen, um das Erbe antreten zu können?
2. Zusatzfrage von Amtes wegen: Gilt für den Erben derselbe Lehensvertrag wie er für den Erblasser galt?

Das Reichskammergericht stellt fest:

1. Der Erbe ist grundsätzlich nicht verpflichtet in die Provinz des Lehens zu ziehen, um die Erbschaft antreten zu können. Der Lehensvertrag kann jedoch abweichende Regelungen enthalten, wobei strikt zwischen "Wohnort" und "Aufenthaltsort" zu unterscheiden ist.
2. Für den Erben gilt derselbe Lehensvertrag, wie er für den Erblasser galt. Der Lehensherr und der Erbe können jedoch im gegenseitigen Einverständnis den Lehensvertrag abändern.

Begründung:

Zu 1.
Das Adelsgesetz (ADG) regelt den hier relevanten Sachverhalt in § 7 (4). Danach ist der erbende Vasall verpflichtet, seine Treue gegenüber dem Lehensherrn (erneut) zu geloben. Der Eid ist entweder in den Räumlichkeiten des Hofrates oder der Burg des Lehensherrn zu leisten.
Im Übrigen schreibt das ADG nicht vor, dass sich der Erbe auf seinem Lehen in der jeweiligen Provinz aufzuhalten habe. Im Gegenteil hält § 7 (4) ADG fest, dass der Lehensherrn den Erben nicht ablehnen und das Lehen einziehen darf, sofern die Begründung darin liegt, dass der Erbe "außerhalb eines lehnsvertraglich geregelten Gebiets" wohne.

In § 5 (1) (c) führt das ADG jedoch aus, dass weitere Bedingungen und Pflichten im Lehensvertrag vereinbart werden können. Wurden anlässlich der Adelung in beidseitigem Einverständnis Wohnsitzbestimmungen in den Lehensvertrag aufgenommen, so sind diese auch durch die Erben zu respektieren, wobei ihnen eine angemessene Frist einzuräumen ist. Werden diese Vorgaben des Lehensvertrages nach Ablauf der angesetzten Frist nicht erfüllt, so besteht die Möglichkeit, das Lehensverhältnis nach den Vorgaben des ADGs aufzulösen.
Dabei ist jedoch auf Folgendes hinzuweisen: Die häufig verwendete Vertragsklausel, wonach eine Erlaubnis des Lehensherrn eingeholt werden muss, um das Lehensgebiet zu verlassen, schränkt den Aufenthaltsort des Vasallen ein. Sofern der Lehensherr unter diesen Voraussetzungen wünscht, dass der Vasall im Lehensgebiet für Kriegsdienste und ähnliche Aufgaben bereit steht, so hat der Vasall dieser Anweisung im Sinne seiner Lehenspflichten Folge zu leisten. Der formale Wohnsitz wird von einer solchen Klausel jedoch nicht berührt.

Zu 2.
Der Erbe tritt in sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Dies gilt auch für den geschlossenen Lehensvertrag. Eine Abänderung im Gegenseitigen Einverständnis des Lehensherrn und neuen Vasallen ist aber jederzeit möglich. Wird auf ein Abänderungswunsch des Vasallen nicht eingegangen, so bleibt ihm schlussendlich nur die Weitergeltung des alten Lehensvertrags oder aber die Auflösung des Lehensverhältnisses.

Das Ergebnis wurde einstimmig durch die Reichsrichter DesMerlinsSohn, Beara, Phenomtaker, Georien, LarsWallenstein und Hernur, bei der Enthaltung von Reichsrichter BelgVl, wegen selbst erklärter Befangenheit, beschlossen.



Bernd DesMerlinsSohn von Salem, Graf von Fürth
Oberster Richter


Stuttgart am 29.07.1462
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