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[1462-048-R] Rechtsklärung - Unabhängigkeit des RKG

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Beitrag von Admin 04.10.20 11:19

Das Reichskammergericht wurde mit einer Rechtsklärung bezüglich der Fragen beauftragt:

1. Wieso kann ein Regent mit Berufung auf sein Begnadigungsrecht, der ja "nur" Regent der Burggrafschaft Nürnberg ist, eine Verhandlung am RKG und ein Urteil verhindern ?

2. Ist dieses Begnadigungsrecht des Regenten, in diesem Falle des Burggrafen von Nürnberg, nicht nur auf Provinzebene, bei den Provinzgerichten gegeben ?

Da die 1. Frage suggestiver Art ist und der dort als Fakt unterstellte Punkt noch zu klären ist und da beide Fragen nicht nur von Relevanz für Nürnberg sind, sondern für jede Provinz wird die Fragestellung wie folgt verändert:

1. Kann ein Regent mit Berufung auf ein Begnadigungsrecht eine Verhandlung am RKG und ein Urteil verhindern?

Diese Frage wird durch das Reichskammergericht wie folgt beantwortet:

Ein Regent kann grundsätzlich eine Verhandlung am RKG mittels Begnadigung des Angeklagten verhindern. Eine Begnadigung ist jedoch nur zulässig, sofern noch kein Klageantrag beim RKG gestellt wurde oder aber die entsprechende Provinz Antragsstellerin ist und es sich nicht um ein Verfahren handelt, das gem. RJG zwingend am RKG zu führen ist. Das Begnadigungsrecht der Regenten gilt somit vorwiegend aber nicht ausschließlich auf Provinzebene.

Begründung:

Der Regent ist für die Geschicke der Provinz verantwortlich und als Vasall dem König und dem Kaiser unterstellt. Sein Wort und sein Wille hat in der Provinz höchstes Gewicht, kann aber durchaus gesetzlich eingeschränkt werden. Dennoch hat der Regent das Recht, die Amtsinhaber im Rat jederzeit abzuberufen oder Ämter umzubesetzen und von den Ratsmitgliedern Gehorsam zu fordern.

Während der Regent innerhalb der Provinz weitreichende Rechte hat, sind diese auf der Ebene des König- und Kaiserreichs eingeschränkt. So hat er sich an imperiale und an Reichsgesetze, kaiserliche und königliche Dekrete und Bestimmungen zu halten und ist gegenüber Reichsinstitutionen keinesfalls weisungsbefugt.

Aus diesen Grundsatzüberlegungen und den gesetzlichen Bestimmungen folgt:

Solange die Gerichtsbarkeit bei der Provinz liegt, kommt das Verfahrensrecht der betreffenden Provinz zur Anwendung (bzw. das Provinzrecht der rechtshilfeersuchenden Provinz). Sobald eine Klage am Reichskammergericht anhängig ist, unterliegt diese bereits mit den Verfahrensbestimmungen dem RJG. Im Verfahren selbst finden zwar die Gesetze der Provinz Anwendung, aber nur dort, wo kein Reichsgesetz entgegensteht.

Ein Eingreifen des Regenten in ein Verfahren vor dem RKG nach RJG § 3 (1) und (2) mittels Begnadigung ist ausgeschlossen, da durch den Gesetzgeber bewusst die dort aufgeführten Verfahren von der Provinz- auf die Reichsebene verlagert wurden um ein der Provinz übergeordnetes Urteil zu erreichen und die Macht des Regenten grundsätzlich auf dessen Provinzterritorium beschränkt ist. Überdies bestimmt das RJG in § 1 (2), dass Urteile und Entscheidungen des RKGs für die Provinzen verpflichtend sind. Somit ist eine Begnadigung durch den Provinzregenten nicht mehr zulässig, sobald ein Klageantrag bzw. Berufungsantrag beim RKG gestellt wurde.
Allerdings kann ein Regent beim RKG im Namen der Provinz einen Freispruch beantragen und entsprechende Gründe darlegen.

In Verfahren, bei denen die Provinz als Kläger auftritt, kann selbstverständlich durch eine Klagerücknahme eine Fortführung des Verfahrens und damit ein Urteil verhindert werden. Diese Klagerücknahme kann durch den Regenten jederzeit erfolgen, aber auf jeden Fall vor dem Urteil. Nach Verkündung des Urteils durch das RKG ist dieses gemäss § 1 (2) RJG durch die Provinz umzusetzen.

Bei den nach RJG § 3 (4) geführten Verfahren gilt das Begnadigungsrecht des Regenten, da es sich um Provinzverfahren handelt, die nur aufgrund der Befangenheit des Provinzrichters an das RKG verlagert wurden und somit nicht Kraft Gesetz erstinstanzlich am RKG angesiedelt sind. Allerdings erlischt das Begnadigungsrecht des Regenten mit dem Fällen des Urteils am RKG, da dann wiederum die Bestimmung des RKG § 1 (2) greift.

Dessen ungeachtet kann der Regent bzw. die Provinz im Verfahren vor RKG selber Anträge stellen und auch strafmildernde Faktoren anführen. Die Anträge und Plädoyers der betroffenen Provinz werden jeweils im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten stark mitberücksichtigt, ohne dass das RKG verpflichtet wäre, einzig auf diese zu hören.

Die Rechtsklärung wurde einstimmig durch die Reichsrichter DesMerlinsSohn, Beara, Georien, LarsWallenstein und Hernur beschlossen.



Bernd DesMerlinsSohn von Salem, Graf von Fürth
Oberster Richter


Stuttgart, den 26.08.1462

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