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[1463-005-R] Rechtsklärung Rechte der Nebenkläger/Zusammenfassen mehrerer Anträge

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Beitrag von Admin 04.10.20 11:21

In der Rechtsklärung 1463-005-R wurden an das Reichskammergericht nachfolgende Fragen herangetragen:

1. Ist es zulässig, dass das Gericht mehrere Klageanträge ohne Einverständnis der Parteien zu einem Verfahren zusammenfasst ?

2. Der Oberste Richter hat ohne erkennbare Rechtsgrundlage die die Rechte der Nebenkläger festgelegt. Ich bitte das Gericht, dies zu überprüfen und zu begründen. RJG §7(4) spricht ausdrücklich von der antragstellenden Partei, die Zeugen benennen darf.

3. RJG §5(9) zeigt uns, dass das RJG die Begriffe Klageantrag und Klageerhebung synonym verwendet. Demzufolge ist der Klageantragsteller immer auch der Klagevertreter. Logischerweise tritt gemäß §6(1) die RSA nur dann als Klagevertreter auf, wenn der OSA einen Klageantrag nach §4(1)f gestellt hat. Dem entgegen steht §6(5), wonach der Antragsteller Nebenkläger wird, was aber z.B. im Fall von §4(1)f oder §5(9) gar keinen Sinn macht. Ein eleganter Weg zur Überwindung dieser Widersprüche im RJG wäre es, dem Antragsteller freizustellen ob er selbst die Klage vertreten oder dies der RSA überlassen möchte. Dies wurde in der Vergangenheit auch schon so gehandhabt.

Hierzu stellt das Reichskammergericht nach eingehender Beratung fest:

1. Wenn sie sich auf die gleiche Rechtshandlung beziehen, ist ein jedes Gericht nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, mehrere Anklagen entweder zusammenzufassen oder aber maximal eine zuzulassen und alle anderen abzuweisen.

2. Die Tatsache, dass der Antragsteller die Rechtsgrundlage subjektiv nicht erkennt, berechtigt ihn nicht zur Behauptung, es sei objektiv keine Rechtsgrundlage erkennbar, wohl aber zum Antrag auf Überprüfung eines Erlasses durch den Obersten Richter.
Der Erlass steht zwar teilweise im Widerspruch zum RJG, doch liegt es im Ermessen des vorsitzenden Richters, in einem Verfahren Zeugen zuzulassen oder abzulehnen. Der Erlass ist daher berechtigt und gültig.

3. Auch hier wird keine Frage gestellt sondern eine Behauptung aufgestellt. Da diese Behauptung fehlerhaft ist sind auch die Schlussfolgerungen fehlerhaft. Daher wird dieser Punkt durch das Reichskammergericht zurückgewiesen.

Begründung:

zu 1.: Der Richtervertrag steht als Verordnung der höchstkaiserlichen Administration über allen Gesetzen. Dieser verbietet, dass jemand wegen der gleichen Rechtshandlung von der gleichen Instanz mehrfach bestraft wird. Insofern wäre auch bei Zulassung von mehreren Klagen für die gleiche Tat im Höchstfall eine einzige Verurteilung möglich. Sind also mehrere Klageanträge für die gleiche Tat gestellt, sind diese, sofern sie nicht abgewiesen werden, in einem einzelnen Verfahren zusammenzufassen, um einerseits alle Aspekte von sämtlichen Klageanträgen zu erfassen und andererseits dem Richtervertrag zu entsprechen. Klageanträge, die keine neuen Aspekte in das zu führende Verfahren einbringen oder erst nach Klageerhebung gestellt werden, sind unter dem Aspekt des Doppelbestrafungsverbotes abzuweisen. Ob die Antragsteller damit einverstanden sind oder nicht, ist dabei ohne Belang, da die Antragsteller keinen Anspruch auf vollständige und vorbehaltlose Annahme ihres Antrages haben sondern die Antragsprüfung und damit -annahme und -ablehnung dem Reichskammergericht obliegt und dieses entscheidet, wie mit den Klagen zu verfahren ist.

zu 2.:
Zitat:
(4) Die antragstellende Partei sowie die Verteidigung hat das Recht zwei Zeugen zu benennen.

Diese Bestimmung im RJG ist bei wortgetreuer Auslegung fehlerhaft und daher durch das Reichskammergericht nach juristischem Sachverstand zu interpretieren.

Beweis: In einem Berufungsverfahren, in dem die Berufung durch den Verurteilten beantragt wird, ist dieser die "antragstellende Partei". Würde man dann streng nach den Bestimmungen des RJG verfahren, dürfte in einem solchen Verfahren durch die Anklage keine Zeugenbenennung erfolgen, da das Recht auf Zeugenbenennung nur der "antragstellenden Partei und der Verteidigung" (im Fall des aufgezeigten Beispiels - identisch) zusteht. Dies kann aber vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Die gesetzliche Bestimmung macht daher nur dann Sinn, wenn "antragstellende Partei" durch "Anklage" ersetzt, bzw. dahingehend interpretiert wird. Unter Anklage ist aber keinesfalls die Nebenklage zu verstehen sondern entweder die Reichsstaatsanwaltschaft, wenn diese die Anklage führt oder der Reichsjustizbeauftragte, wenn dieser sie führt.

Der Richtervertrag als oberstes Gesetz fordert vom Reichskammergericht eine "ausgleichende Ordnung" und Gerechtigkeit:
Zitat:
"... aber die Aufgabe der Akteure des Rechtssystems besteht darin, für ein Minimum an Ordnung zu sorgen"

Diese "Ordnung" würde unterlaufen werden, wenn, wie hier, bei strenger, wörtlicher Beachtung der Bestimmung des RJG, ohne sachgerechte Interpretation, ein offensichtlicher Fehler im Gesetz (konkret im aufgeführten Beispiel geschildert) vorliegt.
Daher hat das Reichskammergericht in solchen Fällen - auf Basis des Richtervertrags - die Pflicht, eine gesetzliche Fehlbestimmung salvatorisch zu korrigieren, also durch die Formulierung zu ersetzen, die dem Willen des Gesetzgebers am nächsten kommt und dieser gewählt hätte, wenn er sich des Fehlers in der gesetzlichen Bestimmung bewusst gewesen wäre. Dies gilt vor Allem bei Verfahrensangelegenheiten, da die Führung des Verfahrens in der Leitung des vorsitzenden Richters liegt und von diesem zu verantworten ist. Dem Obersten Richter wiederum obliegt die Überwachung und Kontrolle der Verfahren, weshalb dieser verpflichtet gewesen wäre, auch dann einzugreifen, wenn er nicht selbst der vorsitzende Richter im entsprechenden Verfahren gewesen wäre.

Da der Oberste Richter im eigenen Ermessen und nicht auf Basis einer Rechtsklärung entschieden hat, war dieser Teilantrag auf Rechtsklärung berechtigt und diesem zu entsprechen. Das Reichskammergericht kam dabei zum genannten Ergebnis auf Basis der nachfolgenden Überlegungen:

Im Verfahren selbst steht es dem vorsitzenden Richter frei, in seinem Ermessen Zeugen zuzulassen oder abzulehnen. Insofern war das Verfahren selbst von der Entscheidung des Obersten Richters nicht berührt, da er dort in der Funktion des vorsitzenden Richters handelte. Der Oberste Richter ist, wie bereits erwähnt, berechtigt, in laufende Verfahren einzugreifen und Entscheidungen eines Reichsrichters im Verfahren aufzuheben oder abzuändern. Auch kann er einem Reichsrichter jederzeit ein Verfahren entziehen und einen anderen - ggfs. auch sich selbst - einsetzen. Insofern ist er auch berechtigt, eine generelle Anweisung zu erlassen, die den Reichsrichtern eine Richtschnur für ihre Entscheidungen in den zu führenden Verfahren bietet und eine Einmischung in laufende Verfahren überflüssig macht. Da es sich bei der Anweisung um kein Gesetz handelt, ist diese grundsätzlich verbindlich, doch kann in begründeten Einzelfällen, in der Regel nach Rücksprache mit dem OR, davon abgewichen werden und der OR oder ein möglicher Nachfolger ist berechtigt, z.B. bei Änderung der Rechtslage, die Anweisung jederzeit, ohne Rücksprache, aufzuheben.

zu 3.: Ein Klageantrag ist ein Antrag auf Erhebung einer Anklage. Erst, wenn diesem entsprochen wird, kommt es zur Klageerhebung. Die aufgestellte These des Antragstellers ist daher bereits in der Grundüberlegung fehlerhaft. Richtig ist, dass alleine die Krone von der Prüfung eines Klageantrags durch die Reichsstaatsanwaltschaft befreit ist. Wenn auch durch die Reichsstaatsanwaltschaft in solchen Fällen keine Prüfung erfolgt, vergibt sie für den Klageantrag dennoch das Aktenzeichen. Erst danach kommt es zur Klageerhebung. Insofern irrt der Antragsteller mit der von ihm aufgestellten These, die vom Reichskammergericht deshalb zurückgewiesen wird.


Diese Rechtsklärung wurde einstimmig beschlossen durch die Reichsrichter DesMerlinsSohn, Juni0rluke, Konsar, Georien und Larswallenstein.
Der oberste Richter Beara enthält sich der Stimme, da die Rechtsklärung auf Grund seiner Anweisung beantragt wurde.



Stv. Oberster Richter

Stuttgart, den 25.02.1463

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